Flinthörners überraschen sich selbst

Flinthörners überraschen sich selbst

Am Montagabend wurde es wieder ganz deutlich: Was dem Seemann die sieben Weltmeere und schwankende Schiffsdecks bedeuten, sind für den Langeooger Shantychor de Flinthörners die Bühne im Haus der Insel und viele Zuschauer im großen Saal. Mit viel Leidenschaft präsentierte die Crew der Bark Hoffnung um Chorleiterin Puppa Peters nach einem intensiven Probenwinter eine mitreißende Premiere des neuen Programms 2017 und schien nach der etwas „verhaltenen“ Generalprobe von sich selbst etwas überrascht und genoss sichtlich die tolle Stimmung im Saal und auf der Bühne.

Bürgermeister Uwe Garrels bemühte blumige Prosa, um die Faszination des Chores zu erklären und dankte vor allem „Frau Elisabeth Peters“ für ihren Einsatz für dieses kulturelle Highlight der Insel. Er hatte sich zudem geistlichen Beistand gesichert, als er gemeinsam mit Inselpastor Christian Neumann und Pastoralreferentin Susanne Wübker für den Chor den „Drunken Sailor“ anstimmte. Zum Auftakt des Abends hatte der Vorsitzende Raimund Buss das Publikum begrüßt und an die strenge Hand der Chorleiterin bei den Winterproben erinnert.
Der Chor bietet in diesem Jahr ein abwechslungsreiches Programm aus Shanties, Seasongs, Irish Folk und auch deutschen Seemannsliedern und neben der Musik war auch ab zu das „Rumpeln“ großer Steine zu hören, die den Solisten vom Herzen gefallen waren nach gelungenem Auftritt. Das galt nicht nur für Herbert Grohmann, der mit „Wave over Wave“ eindrucksvoll bewies, dass er eine große Bereicherung für den Chor ist und seine Feuertaufe mit Bravour bestand.
Viele weitere neue Lieder waren im Winter ins Repertoire aufgenommen worden. Ralf Preuß trieb die Besatzung bei „Haul away Boys“ in 16(!) Strophen zur Höchstleistung am großen Tau an und schimpfte dabei musikalisch auch auf die Chorleiterin. Willy Bollenberg war „10.000 Miles away“ auf dem Weg in eine Strafkolonie im 18. Jahrhundert ohne Aussicht auf Rückkehr in die Heimat. Klaus Kremer berichtete in „When the Boys come Rolling Home“ von der Sehnsucht irischer Auswanderer, vielleicht doch irgendwann in die Heimat zurück kehren zu können.
Einer der Höhepunkte war das Stück „The Irish Rover“ mit Torsten Meyer über ein legendäres Schiff mit 27 Masten und unglaublich viel Ladung, das durch Krankheit und Nebel nie sein Ziel erreichte und auf dem zuletzt nur noch der Shantyman übrig geblieben war. Gerrit Agena, der auch wieder kurzweilig durch das Programm führte, hatte sich des Klassikers „Tell me Ma“ über ein bildhübsches Mädchen angenommen, das von vielen Jungen umworben war, aber deren Herz in seiner Version nur Albert Neeihus gehörte. Siggi Maurischat hatte zum Lied „Am Strand steht Caroline“ eine neue Strophe über den Shantychor gedichtet und Peer Agena sang die deutsche Fassung von „La Paloma“, einem der am meisten gesungenen, interpretierten und arrangierten Musikstücke weltweit, das im 19. Jahrhundert von Sebastian de Yradier geschrieben wurde.
Darüber hinaus hatte der Chor einige Stücke „ausgegraben“, die vor acht Jahren und mehr zuletzt im Programm waren, unter anderem „Blow ye Winds“, „Farewell to Carlingford“, „Jeder Hafen hat`n Kai“, „Paddy lay back“ und „Blow the Man down“.
Ein Flinthörners-Konzert ist inzwischen ohne ein Gastspiel der Washhouse Company nicht denkbar. Sie steuerten „Seadream“ von Kris Kristopherson zum Abend bei und wurden von Herbert Grohmann und seiner Mundharmonika unterstützt.
Das Premierenpublikum hatte großen Anteil am Gelingen des Abends, ging begeistert mit, feierte die Solisten und den Chor und forderte am Ende trotz vorgerückter Stunde zwei Zugaben, so dass der letzte Vorhang erst nach „Pass me the Bowl“ und „Last Shanty“ gegen Zehn vor Elf fiel. Nach dem Abbau der Bühne schloss sich eine lange Premierenparty mit den geladenen Gästen an.

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